Unsere Ernährungsexpertin Amrei Korte arbeitet in ihren Coachings sehr viel mit dem Begriff der „Somatischen Intelligenz“. Frei übersetzt bedeutet das soviel wie: Das gute Gefühl für den eigenen Körper und das, was ihm beim Essen gut tut. Also das gute, alte „Bauchgefühl“, im wahrsten Sinne des Wortes. Amrei sagt:
„Viele Erwachsene haben dieses Gefühl verloren. Sie spüren einfach nicht mehr, was ihnen gut tut. Kinder hingegen haben diese angeborene Fähigkeit noch – wenn man sie ihnen lässt und sie ihnen nicht durch das Vorleben falscher Ernährungsgewohnheiten abtrainiert.“
Somatische Intelligenz: Das „Bauchgefühl“ im Alltagstest
Wir wollten von Amrei wissen, wie man den Ansatz der Somatischen Intelligenz im Alltag mit kleinen Kindern umsetzen kann. Und lassen sie hier einige typische Situationen kommentieren, die sicherlich viele Eltern kennen.
Mein Kind isst partout kein Gemüse und überhaupt nur ausgewählte Lebensmittel (Stichwort Nudeln ohne Soße). Was tun?
Hier ist es sehr wichtig, die Wünsche und Bedürfnisse des Kindes zu akzeptieren und für voll zu nehmen. Es weiß nämlich ziemlich genau, was ihm bekommt, was es braucht und was ihm schmeckt. Manchmal benötigt man einige Anläufe, damit es zu einer Akzeptanz kommt. Trotzdem sollte man dran bleiben und das bestimmte Lebensmittel einfach immer wieder auf den Tisch bringen. Druck und Stress haben genau den gegenteiligen Effekt.
Die ausgewogene Ernährung von Kindern fängt schon in der Schwangerschaft an
Wichtig ist auch, bereits bei der Babynahrung auf Vielfalt zu achten und möglichst unterschiedliche Geschmacksrichtungen anzubieten. Auch das Essverhalten der Mutter während der Schwangerschaft nimmt Einfluss auf die Vorlieben des Kindes. Also auch dann bereits schon möglichst viel buntes Gemüse essen. (einen interessanteren Einblick zum Thema findet ihr auch in unserem Text zu den ersten 1000 Tagen im Leben eines Kindes).
Oft hilft es, das Gemüse schön anzurichten, es spielerisch zu präsentieren und die Kinder mit in den Einkaufs- und Kochprozess zu integrieren. So entsteht Lust auf Neues, auch wenn es beim ersten Probieren vielleicht nicht gleich schmeckt.
Hilfe! Mein Kind verlangt ständig nach Süßigkeiten.
Dass Kinder Süßes bevorzugen, ist ihnen angeboren. Süß bedeutet geballte Energie. Und süß ist meistens unbedenklich, im Gegensatz beispielsweise zu bitteren Lebensmitteln. Denn dies war in früheren Zeiten ein Warnzeichen vor Giftigem oder zumindest Ungenießbarem.
Daher gilt auch hier: Wir sollten akzeptieren, dass dies zunächst die bevorzugte Geschmacksrichtung ist. Und dafür sorgen, dass sie befriedigt wird. Aber anstatt dies ausschließlich mit zuckriger Schokolade oder Gummibärchen zu tun, kann man nach gesünderen Alternativen suchen.
Süß bedeutet nicht automatisch schlecht. Das sollten wir uns immer vor Augen halten.
Trockenfrüchte, Nicecream in allen Farben und Formen, reife Ananas oder andere Früchte, eingemachtes Obst im Joghurt oder in etwas Kokosblütenzucker karamellisierte Nüsse sind wunderbare Möglichkeiten für solche Alternativen. Und wenn es mal ein Schokoriegel ist, schadet auch der nicht.
Bewegung hilft übrigens auch, ein besseres Körpergefühl zu entwickeln. Je aktiver die Kinder sind, desto effektiver funktioniert ihr vegetatives Nervensystem und damit ihre Körperwahrnehmung. Also nichts wie raus an die frische Luft – das ist auch aus anderen Gründen sinnvoll und wichtig.
Es fällt mir aus Zeitmangel schwer, wirklich jeden Tag frisch zu kochen. Daher greife ich ab und zu doch zu Fertigprodukten. Ist das okay?
Um einen Zugang zum eigenen Körpergefühl zu bekommen, sollte die Ernährung am besten so natürlich wie möglich gestaltet sein. Das geht aber nicht immer und manchmal sind die Alternativen aus dem Tiefkühlfach gar nicht mal die schlechtesten.
Viele Familien sind ohnehin schon Profis in der Organisation ihres Alltags. Meine Empfehlung lautet: So oft es eben geht, sollte man sich Zeit freischaufeln für die Einkäufe, fürs Kochen und für ein genussvolles Essen. Dies ist sicherlich eine Grundsatzfrage der Prioritäten und Gewohnheiten.
Doch wenn ich Wege finde, die Familie einzubinden, beispielsweise indem ich mit den Kindern auf den Markt gehe, oder mit ihnen zusammen die Pizza belege, dann ist das ein guter Ansatz. Oder man macht am Samstag statt die übliche Spielplatz-Runde einen Ausflug zum Bauernhof. Dort erleben die Kinder die Herkunft der Lebensmittel live mit. Diese Prägungen entscheiden sehr wirksam darüber, welches Verhältnis Kinder zum Essen bekommen.
Man kann größere Mengen Reis, Nudeln oder Getreide wie Bulger oder Quinoa kochen und am nächsten Tag einen Salat daraus machen. Gemüse nur ganz kurz dämpfen und in Frischhalteboxen im Kühlschrank aufbewahren. Daraus wird dann in Blitzgeschwindigkeit ein Omelette, ein Curry, einen Auflauf, eine Salat, eine Quiche oder eine Gemüsepfanne. Von Nudelsaucen kann man auch gut mehr Menge machen und portionsweise einfrieren. Meist brauchen solche ausgewogenen Gerichte weniger lang, als es dauert, auf die Lieferung des Pizzadienstes zu warten.
Ich bin unsicher, ob mein Kind ausreichend Vitamine und Nährstoffe bekommt.
Wie schon erwähnt, holen sich Kinder meistens das, was sie brauchen. Daher ist auch hier meine Empfehlung, den Kindern zu vertrauen, sich selbst zu entspannen, offen und geduldig zu bleiben und das vorzuleben, was wir auch weitergeben wollen.
Gerade bei den kleineren Mahlzeiten und Snacks fehlen die Ideen für mehr Vielfalt.
Ich würde beobachten, was die Kinder gerade gerne essen. Das ändert sich ja auch oft. Brauchen sie etwas Süßes, Weiches, Breiiges oder eher knackiges Obst und Gemüse? Eher süß oder salzig? Schmeckt der Apfel gerade besonders gut oder doch eher die Karotte? Und dann nach passenden Rezeptideen suchen. Es gibt inzwischen unzählige Kochbücher, Blogs und andere Infos im Internet, wo man sich wunderbar inspirieren lassen kann.
Informieren ist das eine. Auf die Kinder eingehen noch viel wichtiger.
Selbstgemachte (oder hochwertige gekaufte) Müsli– und Fruchtriegel, mild gesalzenes Popcorn, Vollwertkekse, hausgemachtes Granola, Nicecream, Obst-Spieße, Rohkost mit bunten Dips, Cracker, griechischer Joghurt mit Nüssen und Honig, ein frisch gepresster Saft oder auch mal ein Smoothie oder Lassi, eine Bananenmilch oder ein Kakao aus echtem Kakao oder mit geschmolzener, hochwertiger Schokolade, ein schnellgemachtes Crumble, eine Scheibe Bananenbrot, ein Kürbismuffin, eine Schokomousse aus Bananen … die Möglichkeiten sind vielfältig.
Was soll mein Kind trinken, um optimal versorgt zu werden?
Auch beim Trinken ist es so, dass die Kinder meistens ziemlich schnell äußern, wenn sie Durst haben. Wenn sie immer eine Trinkflasche dabei haben, und sich selbst bedienen können, funktioniert das meistens ganz gut. Zusätzlich kann und sollte man ihnen natürlich immer wieder etwas zu trinken anbieten, ohne zu drängen.
Lecker sind zum Beispiel Früchtetees mit einer frisch gespressten Orange und einem Hauch Limette oder Zitrone, dünne Saftschorlen und natürlich Wasser. Meine Erfahrung sagt, dass Kinder, die von klein auf an Wasser gewöhnt sind, dieses auch sehr gerne trinken. Künstliche Softdrinks halte ich für keine gute Wahl.